Geschichte der Hochseefischerei

( mit Schwerpunkt Deutschland )

 

In Küstennähe sowie an Flüssen und Seen wurde schon vor ca. 140'000 Jahren geangelt. Aber keiner kann genau sagen, wann begann die Zeit der Hochseefischerei. Bisher ging man davon aus, daß die Menschen erst vor rund 12'000 anfingen, auf dem offenen Meer zu fischen. Nun sollen neue Funde auf der Insel Timor belegen, daß der Mensch dort schon vor 42'000 Jahren Hochseefischerei betrieb. Dort fand man auch den bisher ältesten bekannten Angelhaken, der auf ein Alter bis zu 23'000 Jahren datiert wurde und aus dem Gehäuse einer Meeresschnecke gefertigt wurde.

 Sicher wird sich die Seefischerei erst einmal in den Küstenregionen entwickelt haben. Die Fischerei auf hoher See war die Ausnahme. Angel und Langleinenfischerei hat die Szene bestimmt. Kleinere „Wurfnetze“  und Stellnetze werden wahrscheinlich die weitere Entwicklungsstufe darstellen. Mit der Weiterentwicklung der Schiffe, also deren Größe und Schleppkraft, kamen auch kleine Schleppnetze zum Einsatz. Abhängig davon, was man fangen wollte, kamen und kommen die unterschiedlichsten Fangmethoden zur Anwendung.

Mit der Erfindung der Dampfmaschine und deren Verwendung in der Schifffahrt veränderte sich auch die Fischerei. Man konnte weiter entfernte Fangplätze erschließen und die Netze wurden größer. Die An- und Rückreise verkürzte sich, und somit konnten die Fangschiffe länger auf dem Fangplatz fischen.

Die deutsche Hochseefischerei hat eine lange Tradition, die z.B. in Rostock bis in das Jahr 1252 zurück reicht. 1586 fischten die Rostocker das erste Mal vor Norwegen.

 Der erste Versuch in Deutschland eine Hochseefischerei aufzubauen datiert um 1881 in Cuxhaven, aber als Geburtsstunde kann man wohl das Jahr 1884 benennen. Da schickte ein Herr Busse den ersten deutschen Fischdampfer, die „Sagitta, d.h. „der Pfeil“, aus Geestemünde von der Weser zum Fang auf See.

Geestemünde, gelegen an der Mündung der Geeste in die Unterweser, gilt als die erste Heimstadt der deutschen Hochseefischerei. Schnell folgten Hamburg, Altona und besonders Bremerhaven. Um 1897 brachten in Geestemünde/Bremerhaven 75 und in Hamburg-Altona etwas über 20 Fischdampfer ihre Fang an den Markt.

 „Die Gartenlaube“ ein illustriertes Familienblatt, schreibt in ihrer Ausgabe Nr. 6 von 1897: „Die Dampfer, welche der Hochseefischerei obliegen, sind außerordentlich fest und seetüchtig aus Stahl gebaute zweimastige Fahrzeuge…“

 Die Fischdampfer hatten damals eine Länge von ca. 30m, eine Breite von 6m mit einem Tiefgang von 3m und hatten eine Ladefähigkeit von 100 Tonnen. Voll ausgerüstet hatten sie einen Wert von 100‘000 bis 120‘000 Mark. Die Besatzung bestand aus einem Kapitän, 1 Steuermann, 1 bis 2 Maschinisten, 1 Heizer, 1 Koch, 5 bis 6 Matrosen und Schiffsjungen.

 Weiter schreibt „Die Gartenlaube“: „Nur eiserne, gegen Witterungsunbilden so gut wie unempfindliche Naturen sind geeignet, auf Fischdampfern zu fahren, denn der Dienst auf denselben ist so schwer und gefahrvoll wie auf keinem anderen Seefahrzeug.“

Die Fangreisen dauerten damals, je nach Jahreszeit und sonstigen Umständen, zwischen 5 und 14 Tage. Die Kosten je Fangreise beliefen sich auf 800 bis 1‘200 Mark. Die Anzahl der Reisen betrug zwischen 35 und 45 jährlich mit einem Ertrag von 50‘000 bis 80‘000 Mark, je nach Geschick des Kapitäns.

Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie Cuxhaven – Harburg im Jahre 1881 begann die Entwicklung Cuxhavens zum führenden Standort der deutschen Hochseefischerei (vor dem 2. Weltkrieg und in Westdeutschland). 1908 wurde die Cuxhavener Hochseefischerei-Gesellschaft gegründet, es entstanden die ersten Fischhallen, und am 24.02.1908 gab es die erste Fischauktion.

 Die Hochseefischerei im Osten Deutschlands nahm einen eigenen Verlauf. Schon 1252 erhielt Rostock das Fischereirecht. Von 1586 bis ca. 1600 fischten die Rostocker schon vor Norwegen.

Auf Grund der schlechten Ernährungssituation im Verlauf des 1. WK erwog man im Herbst 1917 auch in Rostock die Aufnahme der Fischerei. Unter dem Gesichtspunkt des Krieges erwartete man gegenüber den Nordseehäfen konkurrenzfähig zu sein. Am 29. Juni 1918 wurde in Rostock die „Rostocker Hochseefischerei AG“ mit einem Startkapital von 2 Mio. Mark gegründet. Leider erfüllten sich die Hoffnungen nicht. Auf Dauer konnten die Rostocker Dampfer aus verschiedenen Gründen den Kostendruck nicht standhalten. 1921 wurde die Reederei liquidiert.

 Mit dem Befehl Nr. 11 vom 11. Januar 1946 begann der Aufbau der ostdeutschen Fischwirtschaft. Der Befehl Nr. 233 der SMAD vom Oktober 1947 legte den Bau von 50 Kuttern fest. Nur drei konnten zum vorgegebenen Termin fertiggestellt werden.

Die Wiege der ostdeutschen Fischwirtschaft liegt in Saßnitz. Am 07. Februar wurden die ersten zwölf 17m Kutter dem am 01. Januar 1949 geründeten VEB Ostseefischerei Mecklenburg in Saßnitz übergeben. Am 01. Mai 1949 wurde die VVB Fischwirtschaft Saßnitz gegründet.

 Am 17. November 1949 schlägt der Rat der Stadt Rostock der VVB Fischwirtschaft als endgültigen Standort für die Errichtung eines Betriebes der Hochseefischerei Rostock-Marienehe vor. Am 07. Dezember 1949 stimmte der Rat der Stadt der Gründung eines Fischkombinates Rostock zu. Wo einst Bomber für den 2. Weltkrieg gebaut wurden, entstand auf den Trümmern der Heinkel AG ab 1950 das Fischkombinat Rostock.

Der erste Logger ROS 101 „Heinrich Mann“ und vier weitere wurden am 19. April 1950 in Dienst gestellt, die vorübergehend in Saßnitz festmachen mußten. Bis zum Oktober 1951 folgten 30 weitere Logger. Am 19. Juni 1950 löschten die Logger ROS 101 „Heinrich Mann“ und ROS 104 „Rosa Luxemburg“ als erste ihr Ladung in Rostock Bramow, an den Kaianlagen der Neptunwerft.

 

Weitere Fakten:

        10. Dezember 1950, Richtfest für die erste Fischhalle. Dieses Datum  gilt als Gründungstag des Betriebes.

        Mai 1951, erster (äußerer) Abschnitt des Hafenbeckens mit Fischhalle in Betrieb.

        Sommer 1951, die Logger beginnen in der Barentssee zu fischen.

        01. Juni 1952, die ersten Seitentrawler Typ I von einer Serie von 6 Schiffen werden in Dienst gestellt.

        21. Mai 1955, der erste Seitentrawler Typ II von 14 Schiffen wird in Dienst gestellt.

        18. Juli 1956, Indienststellung des Fischereihilfsschiffes ROS 314 „Robert Koch“

 

Mit der Indienststellung des ersten Fang- und Verarbeitungsschiff (FVS) ROS 301 „Bertolt Brecht“ von 12 weiteren am 31. März 1960wurde es möglich, den Fang auf hoher See zu verarbeiten. Am 22. September 1960 läuft das erste Transport- und Verarbeitungsschiff (TVS) ROS 315 „Martin Andersen Nexö“ Zur Jungfernreise aus. Eigentlich kann von einer Jungfernreise keine Rede sein, fuhr sie doch vorher schon als  Bananendampfer „Pegasus“.

Durch die Übergabe des Fisches mittels Schwimmsteerten begann 1960 die industrielle Flottillenfischerei.

 Am 01. Dezember 1960 wird der erste von fünf Seitentrawlern Typ III ROS 221 „Brandenburg“ in Dienst gestellt. Das sind die letzten Seitentrawler, die in der DDR in Dienst gestellt wurden. Am 08. März 1966 kam der erste von 21 Zubringertrawlern in die Flotte.

Am 10. März und am 21. April 1967 erfolgte die Indienststellung der Transport- und Verarbeitungsschiffe ROS 316 „Junge Welt“ und ROS 317 „Junge Garde“. Es waren die größten deutschen Fischereischiffe. Mit dem ersten Kühl- und Transportschiffes (KTS) ROS 318 „Breitling“ (11. September 1968), begann die Ära der Übergabe von Frostware und Fischmehl auf hoher See. Am 12 Februar 1973 begann der Besatzungsaustausch auf hoher See. Mit diesen beiden Maßnahmen wurde die Einsatzzeit der Fangschiffe auf See bis zu 2 Jahre verlängert und somit konnten Kosten eingespart werden.

 Am 29. November 1976 erfolgte die Indienststellung des ersten von 8 Supertrawlern, ROS 331 „Ludwig Turek“ und am 09. Dezember 1989 der erste von 7 Gefriertrawlern, ROS 801 „Fritz Dettmann“.

Auf Schiffen der DDR mit mehr als 50 Besatzungsmitgliedern (BRD 75) mußte ein Arzt an Bord sein. Deshalb hatten alle Verarbeitungsschiffe ein Hospital mit Behandlungsraum und Krankenbetten.

Mit zeitweise 101 aktiven Schiffen, hatten die Rostocker Hochseefischer die größte deutsche Fischereiflotte. Dafür wurde zwischen 4‘300 und 4‘600 seefahrendes Personal benötigt. Besonders stolz sind die Rostocker Hochseefischer darauf, daß während der 40 Jahre von insgesamt 135 Einheiten kein einziges Schiff verloren ging.

Nach der politischen Wende fanden im März und Juni 1990 Beratungen von Fachgruppen der Fischwirtschaft beider deutscher Staaten in Rostock und Cuxhaven statt. Ergebnis – am 30. Juni 1990, nach ca. 40 Jahren, beendete das Fischkombinat Rostock seinen Betrieb. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte das Fiko  8‘309 Arbeitnehmer, darunter 4‘350 seefahrendes Personal mit 40 Fangschiffen.

Seit der Annahme des Seerechtsübereinkommens der Vereinigten Nation im Jahre 1982 ist die Hochseefischerei zu einem internationalen Problem geworden. Als dann die Wirtschaftsgrenzen über die Schelfkanten hinaus ausgedehnt wurden, ging die von Deutschland seit 1884 betriebene Hochseefischerei nach gut 100 Jahren zu Ende.

 

 

 

Quellen:

  -     Wikipedia

  -     Ausarbeitungen von Kapitän Günther Kröger und    Kapitän Horst Seffner

  -    „Hiev Up“ Dietrich Strobel, Heinrich Halbeck

  -    „Die Gartenlaube“ Nr. 6, 1897

  -    „Spektrum der Wissenschaft“ 02/2012